POLITYKA   Komentator. Europa-Niemcy-Polska  
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Kurz nach dem EU-Beitritt wurde die noch nicht festgelegte Position Polens im Rahmen der EU auf eine schwere Probe gestellt. Die zweijährige polnische Regierung der PiS und ihrer antieuropäischen, rechtsextremen und populistischen Koalitionspartner ist schwierig, als Erfolg zu bezeichnen. Die Jahre 2005 bis 2007 waren, was polnische Politik in der EU und Beziehungen zu den Nachbarn, besonders den großen – Deutschland und Rußland –, angeht, fatal. Beobachtete man die Reaktion Europas, konnte man sogar feststellen, daß alle Bemühungen, Polens Image als modernes, sich entwickelndes, demokratisches und schlicht „normales“ Land zu erschaffen, in Trümmern lagen. Von den Eigenschaften des polnischen Volkes traten in der Wahrnehmung ausländischer Medien, politischer Eliten und gewöhnlicher Menschen die polnische Streitsucht, Selbstüberschätzung, das Unverständnis des Unterschieds zwischen Kompromiss und Diktat und generelle Unfähigkeit, sich in der weiten Welt der EU- Politik zurechtzufinden, hervor.

Das heißt nicht, daß alle Forderungen oder außenpolitischen Ziele unter der PiS- Regierung unmöglich, nachteilig oder anti-europäisch waren. Angelegenheiten wie die Energiesicherheit Europas, die als eine große Herausforderung heute wieder aktuell ist, kann man so nicht behandeln. Am häufigsten jedoch waren es die Art, polnische Initiativen zu unterbreiten, und das Unvermögen, die Unterstützung anderer Staaten zu gewinnen, die sie zum Scheitern verurteilten oder den Eindruck von Konflikten zwischen Warschau und anderen EU-Hauptstädten erweckten. Ein längeres Andauern solcher Zustände würde zweifellos zur Wiederbelebung alter Stereotype über die polnische Regierungsunfähigkeit geführt haben.

Die vorgezogenen Parlamentswahlen 2007 zeigten, daß die Möglichkeiten des Andauerns einer Herrschaft dieses politischen Lagers in Polen zum Glück begrenzt waren. Die Bürgerplattform, obgleich in den Augen eines Teils der pro-europäischen Elite vor einigen Jahren durch die unglückliche Parole „Nizza oder Tod“ (bezogen auf den Streit um eine für Polen vorteilhafte Stimmenzahl in Entscheidungsorganen der Union, die im Vertrag von Nizza beschlossen wurde) kompromittiert, war und ist als berechenbare zentrumspolitische Kraft bekannt, offen für die Welt; vor allem aber versteht sie die Bedeutung der polnischen Mitgliedschaft im europäischen Bündnis.

Zweifellos zeigen die Kontakte des Ministerpräsidenten Tusk zu den Kollegen in der EU, daß die polnische Regierung die Prinzipien der EU-Politik kennt und imstande ist, sich mit Partnern zu verständigen. Und was am wichtigsten ist: sie überzeugt andere von der polnischen Meinung und erzielt wünschenswerte Entscheidungen, ohne in ernste Konflikte oder Vergeltungsdrohungen zu geraten. Als Erfolg Polens muß die Bildung einer Koalition benannt werden, die die Modifizierung des Energie- und Klimapakets durchsetzte, was für die Länder mit „alten Energien“ (Steinkohle) von Vorteil ist.

Freude bereitet in Anbetracht unserer historischen Verbindungen und geografischen Lage zudem die Bildung der östlichen Partnerschaft der EU. Deren Adressaten waren die Staaten der ehemaligen Sowjetunion, Polens Nachbarn: die Ukraine, (bedingt) Weißrußland, Moldawien, Aserbaidschan, Armenien und Georgien. In den letzten Jahren engagierte Polen sich vor allem für die Annäherung der Ukraine an die EU.

Zwar schlugen diese ambitionierte Pläne fehl, aber für die ganze EU ist es klar, daß Polen nicht will, daß seine Landesgrenzen zu unüberwindbaren Barrieren zwischen der EU und dem Rest Osteuropas werden. Die EU unterhält bereits solche regionalen Nachbarschaftsprogramme, bestärkt z. B. durch Spanien und Frankreich; ein Konzept, das sich am östlichen Europa ausrichtet, ist also kein so großes Novum. Zusätzlich nicht die Worte Warschaus, sondern vor allem die aggressive Politik Moskaus zeigen, daß die EU eine klare und konsequente Ostpolitik, auch im eigenen Sicherheitsinteresse, führen sollte.

Die Errungenschaften auf EU-Ebene brachten der Republik Polen natürlich Anerkennung im Land und Ausland. Die polnischen Politiker werden als Partner gesehen und respektiert. Die grundlegende Frage betrifft jedoch Allgemeineres in Verbindung mit Polens Auftreten in der EU.

Welches Programm hat Polen allgemein für das sich vereinende Europa? Kann Polen etwas anbieten, das die bisherigen Entwicklungen übertrifft? Zweifellos stand solch ein Gedanke hinter der östlichen Partnerschaft. Doch was ist mit Problemstellungen, wie Vorschlägen zur EU-Reform, neuen Impulsen für die Integration, gemeinsamer Auseinandersetzung mit der weltweiten Krise, Schaffung einer Sicherheitspolitik der europäischen Gemeinschaft im Bündnis mit den Vereinigten Staaten?

Analytiker der polnischen Außenpolitik seit dem Beitritt Polens zur EU suchen in ihr eher vergeblich nach Anzeichen für das Abstecken neuer großer Ziele, wie es die Entscheidung zum Schritt in die EU war. Es muß dennoch zur Kenntnis genommen werden, daß dieses Ziel, die Beteiligung am Integrationsprozeß, eigentlich eine epochale Aufgabe war. Schwerlich kann man erwarten, daß die neue Idee sich gleich ebenso ambitioniert zeigt.


Vom Standpunkt der Historiker des 20. Jahrhunderts aus könnte man sogar fragen, ob die weitere Unterstützung der Vereinigung Europas, die demokratische Entwicklung in seinen östlichen Teilen und die unbedingte Stärkung der eigenen Wirtschaft nicht ausreichend ambitionierte Aufgaben für Polen darstellen.

Vor uns steht auch die Frage des Beitritts zur Euro-Zone. Ohne diesen Beitritt wird es schwierig sein, eine gleichberechtigte Position unter den größeren Staaten aufrechtzuerhalten. Polen ist gegen unterschiedliche Integrationsstufen, auch gegen die Schaffung ihrer unterschiedlicher Kreise. Auf der anderen Seite muß sich Polen entscheiden, was es wählt: die Teilnahme an dem Entscheidungsprozeß, verbunden mit

Polen im vereinigten Europa der fortschreitenden Integration, oder das Zurückbleiben außerhalb des harten Kerns der EU mit allen seinen Konsequenzen.

In der polnischen Europa-Debatte wurde einst viel von den geistigen Werten gesprochen, die das polnische Volk tragen, und die in Europa verbreitet werden sollen. Dieses Thema gehörte zu den beliebtesten Themen der Teilnehmer an der Diskussion, die dem politischen und religiösen Konservatismus nahestanden. Nicht selten klang in deren Äußerungen eine messianische Note mit, was für die Westeuropäer schwer verständlich sein mochte.

In Polen nahm man in diesen Stimmen noch etwas anderes wahr, nämlich Anzeichen eines Minderwertigkeitskomplexes – ein ziemlich verbreitetes Denken: „Wir sind zwar arm, dafür aber mehr moralisch als weltlich, und versunken im Konsumismus Europas.“ Ich möchte diesen Faden nicht weiterspinnen, denn eine Hierarchiebildung „geringerer“ und „höherer“ Werte ist mir fremd. Wie viele Polen meine ich, daß beide Seiten bei sich und dem anderen Dinge finden, wegen derer sie sich schämen, und auch solche, für die sie in ihrem Land werben können.

Die Reflexionen des polnischen Papstes Johannes Paul II. über Europa sind ohne Zweifel wertvoll, aber selbst im eigenen Land wurden sie nicht genügend überdacht. Wenngleich die Kritik an der Verehrung der materiellen Seite des Lebens sich nicht nur auf Europa beschränkt, kann man sie auch gegenüber den selbstherrlichen Polen mit Möglichkeiten zur schnellen Hebung des Lebensstandards und zum Konsum anwenden. Die Problematiken Euthanasie, Abtreibung oder homosexuelle Lebensgemeinschaften, die die polnische Rechte mit Europa zu verknüpfen versuchte und in denen sie eine angeblich lauernde Gefahr für die polnischen Seelen sehen wollte, kann man auf diese Weise wohl kaum angehen.

Warum wird über den Wertekonflikt mehr gesprochen als über die Gemeinschaft? Sind das Eintreten für Menschen- und Bürgerrechte, Toleranz, Offenheit, Verständnis und Versöhnung zwischen Völkern keine europäischen Werte, um deren Pflege man sich gemeinsam bemühen sollte? Hängen wir Polen nicht in der falschen Überzeugung fest, daß sie uns ein für allemal gegeben seien, daß nichts sie – und somit uns – gefährden könnte? Ist die blutige Kriegserinnerung von vor 70 Jahren im Gedächtnis Europas wirklich schon so verblasst?

Angesichts der Situation in der Ukraine stellen wir fest, daß Frieden und Demokratie sehr brüchig sind. Auf der anderen Seite bleiben diese Werte ein großer Traum von vielen Millionen von Menschen. Den Polen ist es gelungen, in den letzten 25 Jahren diesen Traum zu erfüllen. Im Bewußtsein von allen Kritiken unseres Staates und der Gesellschaft müssen wir daran erinnern, daß das die beste Zeit in unserer Geschichte nicht nur seit 1945, sondern seit Mitte des 17. Jahrhunderts ist. Wir haben dank eigener Anstrengungen, aber auch mit „with a little Help from Friend“, um ein anderes Lied der Beatles in Erinnerung zu rufen, viel erreicht.


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Źródło: http://krzysztofruchniewicz.eu/polen-im-vereinigten-europa-bilanz-nach-10-jahren/#more-4976


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