Kartellverdacht bei Autobauern: Sondersitzung im Bundestag gefordert
Von Jan Petermann und Felix Frieler, dpa
/24.07.2017/ Die deutsche Autoindustrie könnte das nächste dicke Problem bekommen.
Laut «Spiegel» sollen Konzerne über Jahre hinweg Absprachen im
Geheimen getroffen
und Kunden geschädigt haben. Die Firmen schweigen
noch. Was bedeutet das nun für die
Bewältigung der Dieselkrise?
Hannover/Berlin (dpa) -
Autobauer zum Schaden
von Verbrauchern und Zulieferern droht zu einer
weiteren Gefahr für die Branche zu
werden. Knapp zwei Wochen vor
einem Berliner Spitzentreffen zur Frage, wie überhöhte
Werte von
Stickoxid gesenkt werden sollen, berichtete das deutsche
Nachrichtenmagazin
«Der Spiegel» über ein angebliches Autokartell.
Demzufolge sollen Vertreter von Volkswagen,
Audi, Porsche, BMW und
Daimler sich schon seit den 90er Jahren gemeinsam über Technik,
Kosten
und Zulieferer verständigt haben. Die EU-
solche Hinweise, wie sie
am Samstag mitteilte.
Treffen die Vorwürfe zu, steht illegales Kartellverhalten im
Raum.
Mit solchen Absprachen können etwa Preise gegenüber Kunden künstlich
hoch gehalten
oder gegenüber Zulieferern gedrückt werden. Daimler
sprach von «Spekulationen», VW-
«Rheinische Post» von «Sachverhaltsvermutungen».
Der Betriebsrat von Volkswagen dringt auf eine außerordentliche
Aufsichtsratssitzung.
Ein Sprecher sagte der Deutschen Presse-
am Sonntag: «Der Vorstand ist in der
Pflicht, das Aufsichtsgremium
umfassend zu informieren. Das ist bislang nicht geschehen.»
Die
Grünen im Bundestag verlangen ein Sondertreffen des
Verkehrsausschusses des Parlaments.
Beantragt werde angesichts der
Kartellvorwürfe nun «eine kurzfristig einzuladende
Sondersitzung für
Ende Juli», kündigte Verkehrspolitiker Oliver Krischer an. Man wolle
so
Klarheit über die möglichen «Machenschaften des Autokartells»
bekommen, die -
Der «Spiegel» stützte seine Darstellung
auf einen Schriftsatz, den VW
auch für Audi und Porsche bei den Wettbewerbshütern
eingereicht haben
soll. Daimler habe ebenfalls eine «Art Selbstanzeige» hinterlegt.
Das
Bundeskartellamt erklärte: «Details laufender Verfahren können wir
nicht kommentieren.»
Konkreter Hintergrund der neuen Vorwürfe sind
dem Bericht zufolge Ermittlungen wegen
des Verdachts auf Absprachen
von Stahlpreisen, im Sommer 2016 hatte es Durchsuchungen
gegeben.
Auch für die Debatte um die Zukunft des Diesels allgemein drohen die
Recherchen
zu einer Belastung zu werden. Denn: Bei den Absprachen
soll es unter anderem auch
um Technik zur Reinigung von
Diesel-
aber billigere Tanks für das Mittel AdBlue. Mit der Substanz werden
gefährliche
Stickoxide in Wasser und Stickstoff aufgespalten. BMW
stellte mit Blick auf AdBlue
klar: «Den Vorwurf, dass aufgrund zu
kleiner AdBlue-
Euro-
entschieden
zurück.»
Unabhängig von der noch fehlenden Bestätigung für den genauen Inhalt
der Ermittlungen
gab es bereits heftige Kritik an den Autobauern. Der
Linken-
Bundestag, Herbert Behrens, sagte: «Sollten
sich die Meldungen zu
Absprachen bestätigen, hätten die betreffenden Konzerne damit
nicht
nur die Zulieferer geschädigt, sondern auch ihre Kunden und vor allem
die Gesundheit
der in Innenstädten lebenden Menschen.» Er bekräftigte
seine Kritik an Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt, dem auch
die Grünen einen zu laschen Umgang mit der Industrie
vorwerfen.
Dobrindt meinte zu dem Verdacht: «Kartellrechtliche Absprachen wären
eine
zusätzliche Belastung für die Thematik, die wir gerade mit der
Automobilindustrie
haben. Die Kartellbehörden müssen ermitteln, die
Vorwürfe detailliert untersuchen
und gegebenenfalls notwendige
Konsequenzen ziehen.» Auch Bayerns Ministerpräsident
Horst Seehofer
forderte schnellstmögliche Aufklärung. «Was schiefgelaufen ist, muss
aufgeklärt
werden», sagte er am Samstag. Das Thema erschwere die
Gespräche mit der Autoindustrie
zur Reduzierung von Dieselabgasen.
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hält den
Kartellverdacht für
eine bedrohliche Entwicklung. Falls etwa vereinbart werde, das
Verhalten
bei Grenzwerten zu Umweltauflagen abzustimmen, wäre das für
die deutsche Autoindustrie,
«aber auch für die Politik in Berlin und
in Brüssel der Super-
Universität Duisburg-
sagte:
«Insgesamt darf die deutsche Politik künftig keine falsch
verstandene Rücksicht mehr
auf die Automobilindustrie nehmen.»
Bei der Aufarbeitung der Dieselkrise im VW-
der Konflikt zwischen Porsche und Audi. Porsche-
Hück
sieht sein Unternehmen hintergangen und fordert die Entlassung
von Vorständen bei
der Konzernschwester Audi. «Ich werde es nicht
zulassen, dass Porsche durch Tricksereien
von Audi in Gefahr gerät»,
sagte der oberste Belegschaftsvertreter der Zeitung «Bild
am
Sonntag». «Eigentlich muss der Audi-
freistellen.» Bei
der Ingolstädter Oberklasse-
Skandals ihren Ursprung haben.
Audi war für eine Stellungnahme nicht
zu erreichen.