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100 Prozent für Schulz: Rekordergebnis bei Wahl zum Parteichef


/ 20.03.2017/ Das hat es noch nie gebgeben: Martin Schulz erhält bei der Wahl zum
SPD-Chef alle gültigen Stimmen. Auf dem «Krönungsparteitag» in Berlin
präsentiert sich die Partei wie im Rausch. Der Kandidat hat die
nächste Karrierestation schon fest im Blick.

Berlin (dpa) - Mit hundertprozentiger Unterstützung der SPD zieht
Martin Schulz in den Bundestagswahlkampf gegen Kanzlerin Angela
Merkel. Der 61-Jährige wurde am Sonntag auf einem Parteitag in Berlin
einstimmig zum Nachfolger von Sigmar Gabriel als Parteichef und zum
Kanzlerkandidaten gewählt. «Ich glaube, dass dieses Ergebnis der
Auftakt zur Eroberung des Kanzleramtes ist», sagte Schulz.

100 Prozent der Stimmen hat in der Nachkriegszeit noch nie ein
Parteivorsitzender der SPD erhalten. Bisher war Kurt Schumacher mit
99,71 Prozent im Jahr 1948 Rekordhalter. Alle 605 gültigen Stimmen
wurden für Schulz abgegeben. Merkel war im Dezember mit nur 89,5
Prozent als CDU-Vorsitzende wiedergewählt worden.

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Schulz will mit den Leitmotiven Gerechtigkeit, Respekt und Würde das
Kanzleramt erobern. In seiner kämpferischen Bewerbungsrede versprach
er den Delegierten mehr Lohngerechtigkeit, gebührenfreie Bildung von
der Kita bis zum Studium, aber auch ein hartes Vorgehen gegen
Alltagskriminalität.  

In seiner 75-minütigen Rede bekräftigte Schulz den Anspruch der SPD,
als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl am 24. September
hervorzugehen, äußerte sich aber nicht zu Koalitionsoptionen. Die
politischen Gegner rief er zu einer fairen Auseinandersetzung auf:
«Mit mir wird es keine Herabwürdigung des politischen Wettbewerbs
geben. Wenn andere einen anderen Weg wählen, wird es am Ende die
Entscheidung der Wählerinnen und Wähler sein, darüber ein Urteil zu
fällen.»

Das Wahlprogramm will die SPD erst im Juni beschließen. Details
verriet Schulz noch nicht. Er verzichtete darauf, neue inhaltliche
Akzente zu setzen. Die von ihm angekündigten Korrekturen an der
Agenda 2010 des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder verteidigte er
aber. Es gehe ihm dabei nicht um «Vergangenheitsbewältigung», sondern
um Weiterqualifizierung als Antwort auf den dramatischen
Fachkräftemangel. Schröder blieb dem Parteitag wegen einer
Auslandsreise fern.

Vor den von der Union in Aussicht gestellten Steuersenkungen warnte
Schulz. Sie würden den Staat 35 Milliarden Euro kosten. «Das ist das
Wahlgeschenk-Programm der CDU/CSU und das sind Milliarden, die für
wichtige Zukunftsinvestitionen fehlen würden.» Die Pläne der Union
seien ein «alter Wahlkampfschlager», ungerecht und unvernünftig.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwähnte Schulz in seiner Rede
nicht ein einziges Mal.

Er wandte sich aber mit scharfen Worten gegen Rechtspopulisten. Die
AfD bezeichnete er als «Schande für die Bundesrepublik». Auch
US-Präsident Donald Trump warf er vor, das «Rad der Freiheit»
zurückzudrehen. «Wer die freie Berichterstattung als Lügenpresse
bezeichnet, wer selektiv mit den Medien umgeht, legt die Axt an die
Wurzeln der Demokratie - ob er Präsident der Vereinigten Staaten ist
oder ob er in einer Pegida-Demonstration mitläuft.»

Schulz bekannte sich klar zu Europa: «Mit mir wird es kein
Europa-Bashing, kein Schlechtreden Europas geben.» Den türkischen
Präsidenten Recep Tayyip Erdogan warnte er davor, mit Nazi-
Vergleichen Menschen in Deutschland gegeneinander aufzuhetzen.

Gabriel hatte Ende Januar zugunsten von Schulz auf Parteivorsitz und
Kanzlerkandidatur verzichtet und wechselte vom Wirtschafts- ins
Außenministerium. Die Nominierung von Schulz hatte der SPD ein
beispielloses Hoch in den Umfragen beschert. Jetzt liefert sie sich
ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Union.

Gabriel verabschiedete sich von den Delegierten mit Wehmut, aber auch
mit Zuversicht. «Es dürfte der fröhlichste und optimistische Übergang
zu einem neuen Parteivorsitz sein, den unsere Partei so in den
letzten Jahrzehnten erlebt hat», sagte der 57-Jährige. Er sprach sich
klar gegen eine Fortsetzung der großen Koalition nach der
Bundestagswahl aus. «Jetzt wollen die Menschen einen neuen Aufbruch.»


Nur mit einem Wechsel zu Schulz an der Parteispitze sei dieser
Aufbruch glaubwürdig zu vollziehen. «Ich glaube, dass ich mit dieser
Entscheidung und diesem Vorschlag der SPD am besten diene», sagte
Gabriel. «Alle Vorsitzenden der SPD haben zuallererst für die Partei
und nicht zuallererst für sich gearbeitet.»

Schulz sagte, Gabriel werde im Wahlkampf eine wichtige Rolle für die
Partei spielen. Dass der Vizekanzler seinen Ehrgeiz zurückgestellt
und ihm Parteivorsitz und Kanzlerkandidat überlasse, «ist eine große
menschliche Leistung». «Dich weiter an meiner Seite zu wissen, macht
mich, macht uns, macht die SPD stark.»


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