Von Essen bis Essen -
Von Kristina Dunz, dpa
/ 05.12.2016/ In Essen wurde Angela Merkel erstmals an die Spitze der
Christdemokraten
gewählt. Nun tritt sie dort zum neunten Mal an. Der
Parteitag wird ein Gradmesser
für die Verfassung der CDU vor dem
großen Wahljahr.
Essen (dpa) -
Rede. Die Stunde
der Gegner sei vorbei, jetzt werde Klartext geredet,
ruft Angela Merkel den Delegierten
des Parteitags der
Christdemokraten (CDU) in der Essener Grugahalle zu. Sie ist 45
Jahre
alt und wird gleich als erste Frau an die Spitze der Volkspartei CDU
gewählt.
Es ist der 10. April 2000. Die Zeiten für Christdemokraten
sind rau. 1998 mussten
sie nach 16 Jahren die Macht abgeben, die
Partei liegt wegen der Spendenaffäre am
Boden, in die ihr Übervater
Helmut Kohl maßgeblich verstrickt ist.
Merkel, zuletzt
CDU-
95,9 Prozent der Stimmen. Der
Jubel bei der Verkündung um 18.47 Uhr
ist groß und dauert sechs Minuten. Manch einer
tuschelt aber, die
Physikerin aus der DDR, erst Frauen-
Kabinett von Helmut Kohl -
Übergangszeit Chefin
sein. Dann komme ein «richtiger» Vorsitzender.
Zwar braucht es zwölf Jahre bis Merkel
ihr Ergebnis von damals in
Essen bei einem Parteitag in Hannover 2012 übertrifft -
noch da. Keine Übergangskandidatin, und von Kohls «Mädchen» spricht
sowieso
keiner mehr. Seit 2005 ist sie Bundeskanzlerin, ebenso als
erste Frau im Land. In
Hannover stattet der Parteitag sie mit ihrem
bisherigen Best-
Nur knapp schrammen CDU und CSU bei der Wahl an der absoluten
Mehrheit vorbei. Es
werden harte Regierungsjahre für Merkel mit der
SPD, aber auch mit der CSU. Mit deren
Chef Horst Seehofer überwirft
sie sich in der Flüchtlingspolitik. Wer weiß, ob das
2017 noch
geheilt wird.
Und nun wieder Essen. Grugahalle. Dort soll Merkel an diesem
Dienstag
zum neunten Mal zur Vorsitzenden gewählt werden. Wieder steht ein
Wahljahr
bevor. Es wird ihr schwierigster Bundestagswahlkampf, hat
Merkel gesagt, als sie vor
zwei Wochen ihre erneute Kandidatur für
den CDU-
Manche Delegierte könnten hin-
wegen
des ganzen Unmuts über die Flüchtlingspolitik und der
Verunsicherung, wie die wachsende
Zahl von rechten Populisten in
Schach gehalten werden kann, nicht einen Dämpfer bei
der geheimen
Wahl verpassen sollten. Merkels schlechtestes Ergebnis war 2004 in
Düsseldorf
mit 88,4 Prozent. Aber einen Dämpfer ausgerechnet vor
einem Wahljahr? Wo sie doch
ein rot-
Eigentlich interessiert die CDU da nur eins:
Regieren.
Merkel ist seit fast 17 Jahren CDU-
Bundeskanzlerin.
Sie überstand die internationale Finanzkrise, die
Euro-
Flüchtlingskrise zu überstehen. Dafür hat sie ihren
vergleichsweise
liberalen Kurs schon massiv verschärft. Es gibt ein härteres
Asylrecht,
abgelehnte Asylbewerber sollen konsequenter abgeschoben
werden. Mit afrikanischen
Staaten sollen analog zum EU-
Partnerschaften geschlossen werden, um Flüchtlinge
noch direkt vom
Meer aus -
Viel
wird darauf ankommen, ob Merkel Vertrauen zurückgewinnen kann,
das im vergangenen
Jahr viele Menschen laut Umfrage verloren haben.
Aber wer außer ihr hätte sonst die
Herausforderung der
Kanzlerkandidatur übernehmen sollen? In der Union, aber auch im
Ausland
heißt es, Merkel sei alternativlos. Erst recht nach der Wahl
von Donald Trump zum
US-
Damit werden sicher CDU-
Kraft und Energie haben, aber Merkel eben den Kampf um das
Amt nicht
ansagen. Und ganz unabhängig davon: Im April 2000 hatte wohl auch
niemand
erwartet, dass Merkel einmal die mächtigste Frau der Welt
sein würde. Spitzenkräfte
wachsen oft mit ihren Aufgaben.
Entscheidend dürfte ihre Rede in Essen sein. Dabei
sind Reden nicht
ihre größte Stärke. Dennoch kann sie, wenn es darauf ankommt, gerade
auf
Parteitagen ihre Zuhörer begeistern. Wie vor einem Jahr in
Karlsruhe, als sie über
die Werte von Freiheit, Recht und Demokratie,
den Zusammenhalt der Partei und der
Gesellschaft sprach, und die
Pflicht, Menschen in Not zu helfen -
Dafür lieben sie die Delegierten, so weit man von Liebe für eine
Parteichefin
sprechen kann. Vielleicht hätte es die 62-
leichter, würde sie sich öfter so
geben wie im kleinen Kreis: witzig,
locker, selbstironisch und trotzdem immer zielorientiert.
Ihr
Vertrauter, Unionsfaktionschef Volker Kauder, sagt, Merkel werde am
Dienstag eine
sehr gute Rede halten -
Herz». Das zeichne im Übrigen
auch den Menschen Merkel aus.
Demnach müsste sie schwere Inhalte von Krieg und Frieden,
Finanzproblemen,
Rente oder Flüchtlingspolitik verständlich erklären
-
Essener Grugahalle für Merkel an der Spitze der CDU
alles begonnen.
Sie kehrt jetzt quasi zu den Anfängen zurück. Auf ein «Weiter so»
hoffen
die Delegierten zumindest in einem Punkt: dass Merkel auch
nach der Wahl 2017 Kanzlerin
bleibt und die CDU an der Macht.