POLITYKA   Komentator. Europa-Niemcy-Polska  
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Auf den Brexit folgt für Berlin der nächste politische Schock


Von Christoph Sator, dpa


/ 09.11.2016 / Nach dem Brexit wird für die Deutschen der nächste politische
Alptraum Realität: Der neue US-Präsident heißt Donald Trump. Was
kann Angela Merkel jetzt tun?

Berlin (dpa) - Man braucht noch ziemlich viel Fantasie, um sich
vorzustellen, wie das sein wird, wenn sich Angela Merkel und Donald
Trump das erste Mal gegenüberstehen. Die Kanzlerin mit ihrem
protestantisch-nüchternen Stil und der neue, großsprecherische
US-Präsident, Macho durch und durch. Unterschiedlicher geht kaum.

Eigentlich kann Merkel mit solchen Leuten überhaupt nichts anfangen.
Aber in der internationalen Politik kann man sich die Partner eben
nicht aussuchen.

Mit der Wahl des 70-jährigen Populisten zum Nachfolger von Barack
Obama ist für viele in Deutschland ein Alptraum wahr geworden. Trotz
deutscher Wurzeln - Trumps Großvater stammt aus der Pfalz - hätte ihn
nach allen Umfragen hierzulande kaum jemand gewählt. Mehr als drei
Viertel der Bundesbürger erwarten, dass das Verhältnis zwischen der
einzigen verbliebenen Weltmacht und Europas aktuell einflussreichsten
Land nun schlechter wird.

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Auch in der deutschen Politik machte kaum jemand aus seiner Ablehnung
gegen den Republikaner einen Hehl. Bundespräsident Joachim Gauck
sagte noch vor kurz vor der Wahl: «Was uns unter anderem Sorgen
machen muss, ist seine Unberechenbarkeit.» Außenminister Frank-Walter
Steinmeier nannte Trump sogar einen «Hassprediger» - für
diplomatische Verhältnisse ein vernichtendes Urteil.

Merkel hielt sich mit öffentlichen Äußerungen zurück. Aber dass sie
Hillary Clinton so viel mehr den Vorzug gegeben hätte, ist klar.
Persönlich begegnet sind sich Merkel und Trump noch nie. Er
bezeichnete im Wahlkampf ihre Politik als «totales Desaster». Merkel
selbst beschrieb er als Regierungschefin ohne jede Kontrolle, die
Terroristen ins Land lasse. So etwas vergisst die Kanzlerin nicht.

Trotzdem wird man sich nun aneinander gewöhnen müssen. Die Hoffnung,
dass nicht kommen wird, was nicht kommen darf, hat sich nicht
erfüllt. Das Worst-Case-Szenario ist Wirklichkeit. Viele in Berlin
fühlten sich Mittwoch früh an den Morgen des 24. Juni erinnert - als
das Referendum ausgezählt war, mit dem sich die Briten entgegen der
meisten Prognosen gegen die EU entschieden. Nur, dass die
Zukunftssorgen jetzt noch um ein Vielfaches größer sind.

Die USA-Kennerin Sylke Tempel von der Deutschen Gesellschaft für
Auswärtige Politik (DGAP) findet klare Worte: «Mit Trump wurde ein
Mann in das wichtigste Amt der Welt gewählt, der sich nicht
beherrschen kann, keine politische Erfahrung besitzt, Kritik als
Angriff auf seine Person empfindet und ganz offensichtlich
rachsüchtig ist. Das alles ist Gift für eine gedeihliche
Außenpolitik.»

Hinzu kommt, dass niemand weiß, was nun aus Washington zu erwarten
ist. Alle deutschen Versuche, über diplomatische Kanäle Kontakte ins
Trump-Lager aufzubauen, blieben bislang schon im Ansatz stecken.
Keine Ahnung auch bislang, wer nun Außenminister wird.

Einer von Trumps wenigen bekannten Beratern, der Ex-General Keith
Kellogg, pries ihn als «Realpolitik-Kerl», der beispielsweise
Abmachungen mit Wladimir Putin treffen könne, um in Syrien gemeinsame
Sache gegen die Islamisten zu machen. Trump, ein Realpolitiker? Daran
gibt es in Berlin starke Zweifel. Hier hat man andere Aussagen
notiert. Wie zum Beispiel, dass er die Terrormiliz Islamischer Staat
(IS) «platt bomben» werde.

Groß ist die Sorge, dass Trump tatsächlich aus internationalen
Abkommen aussteigen wird: nicht nur - wie erwartbar - aus dem
Atomabkommen mit dem Iran, sondern zum Beispiel auch aus bestehenden
Freihandelsvereinbarungen oder dem Klimavertrag von Paris. Und was
wird aus der Nato? Im Wahlkampf stellte Trump auch die
Bündnispflichten in Frage. Jedenfalls will er die Nato-Partner - auch
Deutschland - für militärischen Schutz stärker zur Kasse bitten.

Wer vor der Wahl die allgemeine Anti-Trump-Stimmung in Deutschland
etwas auflockern wollte, erinnerte an Ronald Reagan, den
US-Präsidenten der 80er Jahre. Der sozialdemokratische Altkanzler
Gerhard Schröder zum Beispiel verwies darauf, dass Reagan hier zu
Beginn ebenfalls äußerst unbeliebt war und dann doch ein geachteter
Präsident wurde.

Für die DGAP-Expertin Tempel ist das aber fraglich: «Reagan hatte ein
Programm. Und er hat nie die Grundlage der Demokratie in Frage
gestellt. Trump hat bereits im Wahlkampf die Grundlagen der
Verfassung in Zweifel gezogen. Er hat höchstens das Zeug, zum
unverantwortlichsten Präsidenten der USA zu werden.»

Trotzdem wird Merkel nicht darum herumkommen, dem künftigen
Präsidenten des wichtigsten Politik- und Handelspartners zu
gratulieren. Alles Andere wäre ein beispielloser Affront. Ob der
Glückwunsch zunächst nur schriftlich oder auch durch einen Anruf
geschehen sollte, war zunächst nicht bekannt.

Wann sich Merkel und Trump - übrigens bereits «ihr» dritter
US-Präsident - nun das erste Mal gegenüberstehen werden, steht noch
in den Sternen. Spätestens Mitte nächsten Jahres wird Trump aber
in Deutschland erwartet: Am 7. und 8. Juli findet in Hamburg der
Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) statt.
Auch wenn er so vieles anders machen will: Für den neuen mächtigsten
Mann der Welt ist das ein Pflichttermin.


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