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Deutscher Präsident Gauck verzichtet auf zweite Amtszeit



/ 07.06.2016 /Deutschlands Präsident Gauck macht 2017 nach nur einer Amtszeit
Schluss. Denn er wisse nicht, ob seine «Energie» noch einmal für fünf
Jahre reiche. Die Parteien müssen nun die Nachfolge regeln - keine
einfache Aufgabe. Die Regierungskoalition will sich Zeit lassen.

Berlin (dpa) - Deutschlands Präsident Joachim Gauck tritt aus
Altersgründen nicht für eine zweite Amtszeit an.

Der 76-Jährige sagte am Montag im Berliner Schloss Bellevue: «Diese
Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen. Ich möchte für eine
erneute Zeitspanne von fünf Jahren nicht eine Energie und Vitalität
voraussetzen, für die ich nicht garantieren kann.»

Er sei zugleich «von Herzen dankbar» für die zahlreichen Worte der
Ermutigung, auch über den kommenden März hinaus weiter im Amt zu
bleiben.

Gauck betonte: «Unser Land hat engagierte Bürger, und es hat
funktionierende Institutionen. Der Wechsel im Amt des
Bundespräsidenten ist in diesem Deutschland daher kein Grund zur
Sorge. Er ist vielmehr demokratische Normalität - auch in fordernden,
auch in schwierigen Zeiten.»

Der frühere Pastor in der DDR und ehemalige Chef der
Unterlagenbehörde für die ostdeutsche Geheimpolizei - die Stasi - war
2012 als Nachfolger des zurückgetretenen Christian Wulff (CDU) ins
höchste Staatsamt gewählt worden.

Bereits 2010 war er als Kandidat von Rot-Grün angetreten, damals aber
gegen Wulff unterlegen.

Nach der Absage Gaucks müssen sich die Parteien nun auf eine
Nachfolge einigen. Dabei zeichnet sich eine monatelange komplizierte
Suche ab.

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Kanzlerin Angela Merkel (CDU) deutete an, dass dies bis zum Herbst
dauern dürfte. «Wir haben ja zwei Landtagswahlen auch noch zu
bestehen», sagte sie mit Blick auf die Abstimmungen in
Mecklenburg-Vorpommern am 4. September und in Berlin am 18.
September.

Die Parteichefs müssten «sicherlich intensiv miteinander reden».
Gespräche würden nicht nur zwischen CDU und CSU geführt, sondern auch
«darüber hinaus».

SPD-Chef Sigmar Gabriel bedauerte, dass Gauck nicht für eine zweite
Amtszeit zur Verfügung stehe. Es sei falsch, jetzt sofort in laute
Nachfolgespekulationen zu verfallen.

In der Bundesversammlung, die am 12. Februar 2017 den Präsidenten
wählt, hat Merkels Union zwar mit Abstand die meisten Sitze, aber
keine eigene Mehrheit.

Die Bundesversammlung besteht aus Mitgliedern des Bundestages und
Mitgliedern, die von den Vertretungen der deutschen Bundesländer
gewählt werden.

Als mögliche Nachfolger genannt werden Parlamentspräsident Norbert
Lammert (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), aber
auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle,
oder Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann
(Grüne).

Laut «Spiegel» wollen CDU und CSU aus taktischen Gründen kurz vor der
Bundestagswahl im Herbst 2017 keinen gemeinsamen Kandidaten mit SPD
oder Grünen präsentieren. Aus der Linken und der SPD wurden
Forderungen nach einem rot-rot-grünen Bewerber laut.

CDU/CSU, SPD und Grüne hatten eine zweite Amtszeit Gaucks
befürwortet. Auch Merkel sprach sich für seine Wiederwahl aus.
Zuletzt meinten 70 Prozent der Deutschen in einer Umfrage, Gauck
solle weitermachen.

Bis zuletzt war darüber spekuliert worden, ob er wegen der
Auswirkungen der Flüchtlingskrise und angesichts des Erstarkens der
rechtspopulistischen AfD aus einem Bewusstsein der Verantwortung
heraus nochmals antreten würde. Der Präsident betonte aber, dass sich
Deutschland nicht in einer Staatskrise befinde.

Gauck war in der Endphase der DDR 1989 als Unterstützer der
Bürgerrechtsbewegung bekannt geworden. Nach der Wende wurde er als
Kandidat für das Bündnis 90 in die letzte DDR-Volkskammer gewählt.
Von 1991 bis 2000 war er Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.

Ein Schwerpunkt seiner ersten Amtszeit war das Bemühen, Deutschlands
Rolle in der Welt neu zu definieren und mehr
Verantwortungsbewusstsein einzufordern. Auch militärisches Engagement
dürfe nicht mit dem Hinweis auf die nationalsozialistische
Vergangenheit ausgeschlossen werden, sagte er 2014 auf der Münchner
Sicherheitskonferenz. Auch die Flüchtlingskrise machte er zu seinem
Thema.


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