POLITYKA   Komentator. Europa-Niemcy-Polska  
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EU-Gipfel-Ergebnisse zwischen Merkels Wunsch und Wirklichkeit

Von Kristina Dunz und Thomas Lanig, dpa


/ 19.02.2016 / Die Erwartungen an die Kanzlerin beim EU-Gipfel waren hoch. Kann
Angela Merkel das Signal senden, dass die Flüchtlingszahl sinken?
Erst einmal Nein. Aber vielleicht doch noch.

Brüssel (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dem Treffen der
28 Staats- und Regierungschefs in Brüssel schon vorher nur die
Bedeutung eines Zwischenschritts zugemessen. Es standen auch keine
großen Beschlüsse auf der Tagesordnung. Dennoch verlangen Kritiker,
Merkel müsse liefern, um die schlechte Stimmung im Land wieder zu
drehen. Über Zwischenschritte, Fortschritte und Rückschritte.

Was wollte Merkel erreichen?

Sie hatte versucht, die Erwartungen herunterzuschrauben. Wie bei der
Euro-Krise und der Griechenland-Krise gibt es für sie auch in der
Flüchtlingskrise keinen Schalter zum Ausknipsen. Krisenbewältigung
brauche Zeit, mahnt sie. Ihren Wunsch nach Flüchtlingskontingenten
für alle EU-Staaten kassierte sie für diesen Gipfel erst einmal ein,
weil es nicht den Hauch von Zugeständnissen gab. Aber wenigstens
Solidarität einer kleinen Koalition der Willigen hatte sie erhofft.
Und, dass die EU sich zu ihrem Ende November beschlossenen
Aktionsplan mit der Türkei bekennt. Die Türkei ist für Merkel der
Schlüssel zur Reduzierung der Flüchtlingszahl.

Was hat sie bekommen?

Erst einmal Rückschläge. Das befreundete Österreich verkündete kurz
vor dem Gipfel eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen und
erklärt die Koalition der Willigen für tot; auch Frankreich geht vor
dem Treffen auf Distanz zu Deutschland. Die in Brüssel geplanten
Gespräche des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu mit dem
Club der Willigen, zu denen Wien und Paris eigentlich gezählt werden,
fand nicht statt. Davutoglu sagte es - für Merkel verständlich -
wegen des Attentats in Ankara ab. Österreich kippte es dann ganz.

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Hat die Kanzlerin gar nichts erreicht?

Doch, aber nur minimal. Nach heftiger nächtlicher Debatte einigte
sich der Gipfel auf ein erneutes Sondertreffen des gesamten Rates mit
der Türkei Anfang März. Zumindest hat Merkel so noch eine Chance, vor
den drei Landtagswahlen am 13. März ein Signal zur Reduzierung der
Flüchtlingszahlen zu setzen.

Was ist überhaupt das Ziel der Kanzlerin?

Nach ihrer Grenzöffnung für syrische Flüchtlinge im September
verfolgte sie diesen Plan: Keine Obergrenze in Deutschland, dafür
Kontingente für alle EU-Mitgliedsländer. «Ich bin zutiefst davon
überzeugt, dass Europa nicht nur punktuelle Umverteilungen, sondern
vielmehr ein dauerhaftes Verfahren für eine faire Verteilung von
Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten braucht», sagte sie in einer
Regierungserklärung am 24. September 2015. Ferner pochte sie auf die
Bekämpfung der Fluchtursachen und den Schutz der EU-Außengrenzen.

Was wurde bisher beschlossen?

Innerhalb von zwei Jahren sollen Griechenland und Italien 160 000
Flüchtlinge abgenommen werden. Ferner sollen mit einem EU-Türkei-
Aktionsplan die EU-Außengrenze geschützt und illegale Migration
gestoppt werden. Dafür soll Ankara drei Milliarden Euro für die
Versorgung der von ihr selbst aufgenommenen 2,6 Millionen syrischen
Flüchtlinge bekommen. Ein unter deutscher Führung stehender Nato-
Marineverband soll in der Ägäis Aufklärungsergebnisse zur Bekämpfung
von Schleusern liefern und Flüchtlinge aus Seenot retten - diese aber
in die Türkei zurückbringen. Die internationale Gemeinschaft will
rund 11 Milliarden US-Dollar zur Bekämpfung von Fluchtursachen geben.
Sie hatte zuvor etwa mit der Kürzung von zugesagten Mitteln für das
Welternährungsprogramm die Flüchtlingskrise selbst verschärft.

Kann die EU Erfolge vorweisen?

Eher im Gegenteil. Der Zusammenhalt ist in Gefahr. Der EU-Türkei-
Aktionsplan kommt bisher nicht in Gang. In der EU wird beklagt, die
Flüchtlinge würden nicht weniger. Ankara sagt, es sei noch kein Geld
geflossen. Nach Angaben von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat
die EU auch Syrien und dem Libanon nicht einmal die Hälfte zugesagter
Mittel gezahlt. Und die schon lange beschlossene Umverteilung von
160 000 Flüchtlingen funktioniert nicht: Bislang wurden nicht einmal
600 Menschen von anderen EU-Staaten aufgenommen. Osteuropäische
Staaten schotten sich ab, wollen lieber Zäune bauen als Flüchtlinge
aufnehmen. Die Grenzfreiheit im Schengen-Raum ist gefährdet.

Welche Risiken gibt es noch?

Solange der Krieg in Syrien tobt, werden die Menschen weiter fliehen.
Die irakische Regierung will die Terrormiliz Islamischer Staat
bezwingen und plant etwa eine Offensive in Mossul. Auch das kann eine
neue Fluchtbewegung auslösen. Dürre und Hunger werden immer mehr
Menschen aus afrikanischen Staaten vertreiben. Und der Kurdenkonflikt
in der Türkei droht zu eskalieren.

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