POLITYKA   Komentator. Europa-Niemcy-Polska  
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Koalitionsstreit um Griechenland in der deutschen Regierung

Von Tim Braune und Thomas Lanig, dpa


/14.08.2015/ Die Sozialdemokraten haben in Deutschland derzeit wenig zu lachen.
Das Kanzlerkandidaten-Sommertheater kratzt an ihrer Glaubwürdigkeit.
Da kommt die Chance, Finanzminister Schäuble einen mitzugeben, wie
gerufen.

Berlin (dpa) - Zwei Männer, zwei Inseln, zwei Meinungen: Wenn ein
paar Flugstunden zwischen den Alphatieren der Koalition liegen und
keines von beiden mal zum Telefon greift, kommt recht schnell ein
kleiner «schwarz-roter» Knatsch heraus.

Der Chef der Sozialdemokraten Sigmar Gabriel entspannt gerade im
Kurzurlaub auf Mallorca. Laufend lässt sich der Vizekanzler über das
Griechenland-Geschehen unterrichten und darüber, was die lieben
Kabinettskollegen so aushecken. Wolfgang Schäuble von den
Christdemokraten geht es auf Sylt im Prinzip genauso, nur mit dem
feinen Unterschied, dass es in der Eurogruppe auf seine Meinung
ankommt.

Der erfahrenste Mann im Kabinett bereitete sich unter der Woche in
seinem Feriendomizil auf die wegweisende Sitzung der
Euro-Finanzminister an diesem Freitag in Brüssel vor, wo die
griechischen Reformbemühungen auf den Prüfstand kommen.

Als nun ein Papier kursierte, in dem Schäubles Beamte erhebliche
Zweifel an der Substanz der Grundsatzeinigung zwischen Athen und den
Experten der Geldgeber äußerten, wurde es auf den Balearen und in der
SPD unruhig. Die Stellungnahme sei in der Bundesregierung nicht
abgestimmt, so gehe es nicht, lautete der Warnschuss aus dem
sozialdemokratisch geführten Wirtschaftsministerium.

Schäuble trauen die Genossen im Griechenland-Drama keinen Zentimeter
über den Weg. «Das Vertrauen in den Finanzminister ist dramatisch
geschwunden», sagt etwa SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer. Viele
unterstellen Schäuble, selbst noch in letzter Minute eine Einigung
auf das dritte Hilfspaket hintertreiben zu wollen.

Zwar sprach am Donnerstag einiges dafür, dass Schäuble und seine
Euro-Amtskollegen am Freitag den Sack im positiven Sinne zumachen
wollten. Aber nach dem Gezerre im Juli gibt es insgesamt Zweifel in
der SPD an der Handlungsfähigkeit der Eurogruppe.

Gabriel und Schäuble schenken sich nichts, seit sie Mitte Juli rund
um den Brüsseler Griechenland-Marathon aneinander geraten waren. Nach
Darstellung Schäubles war der SPD-Chef in das «Grexit»-Szenario
eingeweiht, das Schäuble damals überraschend präsentierte.

Es ging darum, Athen bei einem Scheitern der Verhandlungen notfalls
für mindestens fünf Jahre aus dem Euro zu werfen. Der deutsche
Vorstoß löste in weiten Teilen Europas Empörung aus.

Als die Europapartei SPD auf die Barrikaden ging, versuchte Gabriel
mehr schlecht als recht, sich herauszuwinden. Er habe die Idee zwar
gekannt, eine Abstimmung über das Vorgehen habe es aber nie gegeben. 

Mit dem Einschreiten beim Schäuble-Papier dürften die Gabriel-Leute
nun beabsichtigt haben, eine Wiederholung der alten
«Grexit»-Geschichte gleich im Keim zu ersticken. Am Donnerstag war
man dann schon wieder bemüht, den Konflikt zurückzufahren, um
geschlossen in die Eurogruppe gehen zu können.

Ansonsten wird in der SPD mit Genugtuung verfolgt, dass auch mal die
Union für den von Fraktionschef Volker Kauder verursachten Wirbel um
eine Disziplinierung der Rebellen in den eigenen Reihen schlechte
Presse bekommt. Mit Stolz wird darauf verwiesen, dass die Zahl der
Abweichler in der SPD-Fraktion verschwindend gering war und ist. Im
Gegensatz zur CDU/CSU.

Nur bringt das den Sozialdemokraten nichts Zählbares. Schlimmer noch:
Im aktuellen Wahltrend von «Stern» und RTL legen CDU/CSU sogar zwei
Punkte auf jetzt 43 Prozent zu - die SPD rutscht von 24 auf 23
Prozent ab.

Das SPD-intern angezettelte Sommertheater, ob bei der Wahl 2017
überhaupt ein eigener Kandidat ins Rennen gegen Merkel geschickt und
per Urwahl bestimmt werden solle, habe der Partei geschadet, glaubt
der Chef des Meinungsforschungsinstitutes Forsa, Manfred Güllner:
«Diese Debatte um die Kanzlerkandidatur hat den Bürgern gezeigt, dass
die Personaldecke der SPD extrem dünn ist.» Bei der Kanzlerpräferenz
steht es für Merkel im (noch) fiktiven Duell mit Gabriel momentan
55:12.


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